Montag, 30. Juli 2012

Entwicklungshilfe, Shopping auf Koreanisch oder schlichtweg: Wo ist all' mein Geld geblieben?


Hey,

das Bloggen fällt mir langsam richtig schwer, denn jeder Eintrag bedeutet gleichzeitig, dass wieder eine ganze Woche hinter mir liegt. Drei habe ich noch und ärgere mich zunehmend, dass mein fehlendes Visum jegliche Verlängerung ausschließt (Okay, man könnte tricksen - an dieser Stelle freundliche Grüße an Christoph). Auf der anderen Seite komme ich aber auch wegen eines tollen Anlasses zurück. Eigentlich sind es sogar zwei, denn neben dem Workshop bei Scholz & Friends in Berlin steht noch die Hochzeit zwischen Stefan und Merle an, auf die mich mich wirklich sehr freue, genauso wie darauf, euch alle wieder zu sehen.

Übrigens: Ich glaube, ich habe euch noch nie mein "Haus" von außen gezeigt, oder? Perfekter Einstieg!

In diesem Komplex wohne ich.  Und am Zebrastreifen im Vordergrund (mit Ampel!) habe ich zusammengerechnet bestimmt schon einen halben Tag gestanden.

Meine vorvorletzte Woche


Die letzte Schulwoche stand unter dem Zeichen der allmonatlichen Abschlussprüfung, die ich ja bereits einmal hinter mir habe. Auch wenn mein B+ damals nicht wirklich gerechtfertigt gewesen ist (das geb ich mal ganz offen zu!), war ich aus meiner Klasse diesmal wohl der Gelassenste. Den zwei Mexikanerinnen war das Ganze zu stressig - sie sind die Woche erst gar nicht mehr aufgetaucht.

Den schriftlichen Teil habe ich dann auch mit 95/100 Punkten abschließen können. Im mündlichen Teil gab es für mich 18 von 20 Punkten. Lustigerweise hat mich in diesem Bereich meine ungeliebte Ex-Lehrerin geprüft und ich hatte somit die Chance es ihr mal richtig zu beweisen! Ha! Ich habe auch tatsächlich alles verstanden, was ich von ihr gefragt wurde und konnte in zusammenhängenden Sätzen antworten: 1 - 1, würde ich sagen, meine Liebe! 

Die Japaner/innen, die mir im Vormonat regelmäßig meine Grenzen aufgezeigt hatten, konnten übrigens auch dieses mal wieder die Traumpunktzahl 100/100 erreichen und wurden vom Ceo des Instituts besonders gewürdigt. Wir haben inzwischen die Vermutung, dass dieses Grüppchen schlicht und einfach aus Koreanern besteht, die sich auf diesem Weg (vergeblich) an Foreigner ranmachen wollen :-).

Das, was am Freitag noch von meiner Klasse übrig geblieben ist: Ich, Hitomi (Japan), Yu (Japan), Valya (Sibirien), unserer Lehrerin, Moni (Kasachstan), Kuralay (Kasachstan).

Nach der Zeugnisvergabe sind wir noch zusammen Essen gegangen. Weil nicht alle Englisch konnten, wurde tatsächlich die meiste Zeit auf Koreanisch gesprochen. Ich konnte es mir natürlich nicht nehmen lassen, die beiden kasachischen Mädels in gespielter Ernsthaftigkeit mit meinen aus dem Film "Borat" gewonnen Informationen über ihr Heimatland zu konfrontieren, was von ihnen wiederum mit Gesten beantwortet wurde, die anscheinend auf der ganzen Welt Gültigkeit besitzen.

Ansonsten war ich letzte Woche auch wieder bei meinen geliebten LG 트윈스, wobei immer noch kein Koreaner, dem ich davon erzählt habe, verstehen kann, wie ich es geschafft habe, Anhänger dieses Teams zu werden.

Gute Sicht, falscher Block: Umgeben von Fans des Gegnerteams.

"Mein Team" lag auch mal zur Abwechslung schnell 2 - 0 vorne, was in vielen Matches bereits einer Art Vorentscheidung gleichkommt, denn Punkte fallen hier recht selten. Da die Dame vom Kartenhäuschen natürlich kein Englisch konnte, war ich übrigens im falschen Block gelandet und konnte so weder Hymnen meiner Lieblingsspieler mitgröhlen, noch meine Fanausrüstung auspacken, was den Genuss wirklich getrübt hat - genau wie das Endergebnis.
Wie gesagt: Im koreanischen Baseball fallen relativ wenig Punkte, meistens sieht man man Ergebnisse wie 2-3, 1-0, 2-0 etc. - Wenn ich euch jetzt erzähle, dass der Gegner alleine im sechsten Inning fünf Stück (!!!) gemacht hat, könnt ihr euch vielleicht vorstellen, warum es manchmal nicht leicht ist, ein Twins-Fan zu sein, und dass man sich auch nach einer 2 - 0 Führung noch nicht freuen sollte.

Mal wieder 'ne Niederlage: Aber ein neues Cap hab' ich trotzdem!

Heute war ich in der Ceox-Mall und habe, wie versprochen, einen Haufen Bilder gemacht. Die Mall liegt im östlichen Teil Seouls (Samseong-Station, World Trade Center Seoul), aber noch relativ zentral. Mit der Subway braucht man von Sinchon um die 45 Minuten, die aber - wie beschrieben - dank W-Lan in den Waggons recht schnell 'rumgehen.

Die Umgebung der Mall, auch dabei: Audi.
Ceox-Plaza.
Von vorne!

Wie im vorletzten Post beschrieben: Shoppen ist die wohl beliebteste Freizeitbeschäftigung der Bewohner Seouls. Und genau wie ihre Wohnorganisation funktioniert auch das Einkaufen anders als bei uns Deutschen, die wir ja zu gerne durch zentrale, von dreistöckigen Fachwerkhäusern gesäumten Einkaufsstraßen schlendern - da schließ ich mich übrigens mit ein!
Der beliebteste Tag für Einkäufe ist der Sonntag, an dem so ziemlich jedes Geschäft fulltime geöffnet ist. Die koreanischen Malls erinnern an riesige Markthallen: Im Inneren lassen sich hunderte von kleinen Geschäften finden, die von eigenständigen Labels/Dachmarken betrieben werden. In der COEX-Mall gibt es zudem ein riesiges 4-D-Kino (die vierte Dimension besteht in diesem Fall aus beweglichen Kinosesseln, Wasser und Duftstoffen, die ins Publikum geblasen werde. Randnotiz: Titanic besser nur in 3D gucken!), das beschriebene Aquarium, ein Convention-Center und eine Kunstgalerie - und natürlich auch auch eine Klinik für plastische Chirurgie.

Eigener Subway-Aus- und Eingang!
So sieht die unterste Etage aus: Diese schlauchartigen Gänge mit Stores und Restaurants links und rechts ziehen sich kilometerlang durch das Gebäude.
Das vielleicht rosaste Geschäft der Welt!
Awwwwww!
 Noch eins aus der Kategorie "Awwwwww"!
Ist das Pedobär???!!!! Ich hab ein ganzes Geschäft mit seinem Antlitz gefunden!!!
Wer wünscht sich nicht eine solche Puppe?
Das Ding war bestimmt einen halben Meter groß!

Glaubt mir: Ich habe eine ganze Tonne an Mitbringseln erstanden und muss jetzt mal anfangen zu überlegen, was ich hier lasse, um Gepäck-Gewicht zu sparen. Das liegt auch daran, dass ich schon so viel Kleidung für mich selbst gekauft habe - Korea ist für meinen Geschmack wirklich ein Einkaufsparadies - und dank eines "Krieg als Ausländer die Mehrwertsteuer am Flughafen zurück!"-Programms, muss ich zum Glück nichtmal ein allzu schlechtes Gewissen haben.

Wie Koreaner Leben: Insights #2


Ich habe euch letztes Mal beschrieben, dass Südkorea in den letzten Jahrzehnten eine immense Entwicklung durchlebt hat. Letzte Woche habe ich mich zum ersten mal mit einem Freund getroffen (Koreaner, lebt in London), den ich - alle Klischees erfüllt - zufällig letztes Jahr in einem Starcraft-Match getroffen habe. Er studiert in London Economics, sein Vater ist so etwas wie der Financial-CEO von Samsung England. Wir hatten ein wirklich interessantes Gespräch über die Thesen, die ich in meinem letzten Blog aufgestellt habe.

Korea vor sechzig Jahren, das war nicht viel mehr als eins der ärmsten Länder der Welt. Regelmäßig kamen die Nachbarn mal aus dem Norden, mal aus dem Süden vorbei, um Gebiete zu besetzen und sich an der Arbeitskraft und den (wenigen) Rohstoffen des Landes und seiner Bewohner zu bereichern.  Im Koreakrieg 1950 waren Nordkorea und China mit ihren Truppen fast bis Seoul vorgedrungen, aber von UNO-Truppen zurückgedrängt worden. Der größte Teil der alliierten Truppen bestand dabei aus Amerikanern; aber auch die Türken sendeten eine Spezialtruppe, die immer wieder entscheidende Verteidigungs- und Sabotageaktionen durchführten - und ihrem Land eine bis heute in Südkorea anhaltenden Sympathie sicherten (dazu bald mehr: diese Woche komme ich einer alten Faerberschen Familientradition nach und werde ein Kriegsmuseum besuchen).

Die südkoreanische Führung stand somit vor folgender Situation: Ein bitterarmes Land, bergige Landstriche ohne viele Rohstoffe, zudem ein hochgerüsteter Nachbar, dem man auch durchaus einen weiteren Einmarsch-Versuch zutraute - bei die Siedler von Catan würde man mit dieser Ausgangsposition wohl das Brett umwerfen.
Aber man hatte auch etwas auf der Habensseite: Eine Armee von konfuzianistisch-erzogenen ArbeiterInnen. Und diese bildeten das Rückgrad des südkoreanischen Aufschwungs, der von der staatlichen Führung wie in einem Strategiespiel, gewissermaßen "Top-Down" in mehreren Entwicklungsschritten organisiert wurde. Weil zunächst kein Binnenmarkt vorhanden war, wurden südkoreanische Arbeitskräfte in die weite Welt gesandt, wo sie an unzähligen Bauprojekten und Wiederaufbauten nach dem zweiten Weltkrieg beteiligt waren. Parallel stellte man in heimischen Fabriken allerhand einfacher Artikel für den Weltmarkt her. Das Zentrum dieser wirtschaftlichen Aktivität stellten die staatlichen Großkonzerne dar, die bis heute noch einen extrem großen politischen Einfluss haben: Hyundai, KIA, Samsung, etc.

Der Cheonggye-Stream: Seoul vor 60 Jahren
Das gleiche Areal 60 Jahre später: In diesem Zeitraum wurde die gesamte Stadt inkl. Subway errichtet - von einer Generation.

Und in Zukunft? Erst letzte Woche hat Samsung mit seiner Galaxy-Sparte Apple als Smartphone-Platzhirsch abgelöst. Der nächste Entwicklungsschritt soll übrigens von der Roboterproduktion getragen werden. Also: Daumen aber mal ganz senkrecht nach oben?! - Vielleicht ...

Muss sich etwas dazuverdienen: Eine koreanische Rentnerin verteilt Werbeflyer für ein Restaurant.

... wenn da nicht solche Bilder wären. Wie oft geht ich durch die Stadt und sehe gebückte Rentner mit einfachen Besen den Bordstein fegen, Mülleimer ausleeren oder Flaschen zusammensammeln. Der Aufstieg scheint in vielen Fällen genau bei denen nicht anzukommen, die ihr Leben lang an ihm mitgearbeitet haben. Laut Christoph liegt der Steuersatz in Südkorea bei etwa 10% - da wundert es einen irgendwie nicht, dass es zu solchen Entwicklungen kommt.

Südkorea ist geprägt von einem knallharten Wettbewerb. Wer es schafft, auf eine der drei, vier besten Universitäten des Landes zu kommen, der wird zwar - nach unseren Maßstäben und Lebensmodellen - immer noch kein himmlisches Leben haben, aber wenigstens ein finanziell extrem erträgliches. Und das ist, wie bereits an anderer Stelle meines Blogs berichtet, in einer Kultur, die vor allem in der Öffentlichkeit stattfindet und somit relativ stark von den dort zu präsentierenden Statussymbolen angetrieben wird, keine schlechte Sache.

Dieser Wettbewerb um die Gewinner-Plätze bedeutet auch, dass es einen extremen Druck gibt, möglichst attraktiv zu sein. Gestern habe ich die Anzeige einer Schönheitsklinik aus der Subway gepostet. Hier ist eine weitere, wobei ich ohne Mühe bestimmt zehn, zwölf solcher Plakate hätte ablichten können:

Neue Nase gefällig? 

Man sieht diese Tendenz aber auch an unzähligen Kosmetikgeschäften oder Abnehmprogrammen:


Ich hab' zwar ehrlich gesagt keinen blassen Schimmer, wie es Koreaner schaffen können, dick zu werden (ich hab hier durch das gesunde Essen schon 3kg an Fett abgenommen!), aber auch das gibt es - und diejenigen haben es hier wirklich, wirklich schwer! Dick zu sein gilt nicht nur als Makel, sondern auch als Zeichen von Charakterschwäche.

Wenn wir schon mal beim Thema Essen sind: Hier noch kurz mein kulinarisches Highlight letzte Woche, das ich zusammen mit Anne, einer deutschen Freundin, die nun für ein Jahr hier leben wird, gegessen habe.

Warum gibt es solche Restaurants eigentlich nicht bei uns? Wir sind doch auch eine verdammte Grillnation!

Man kriegt zu Beginn die sidedishes serviert und den Grill befeuert. Dann ordert man das gewünschte Fleisch und brät/grillt es (natürlich Männerarbeit!) am eigenen Tisch. Um die Grillfläche herum brutzelt eine Art Rührei. Lecker!!!!

So. Das war mal wieder ein langer Post. Ich hoffe es war für jeden etwas dabei - und die angeforderten Bilder haben euch Spaß gemacht.

Nächste Woche Samstag werde ich zur Expo fahren, ansonsten ist hier Olympia ein ganz großes Ding und ich versuche ab und zu ein paar Wettkämpfe zu schauen. Ich habe gehört, dass es für "uns" nicht unbedingt gut läuft - aber seht's mal so: Die Koreaner können ihre Goldmedaillen auf Grund des "Flag-Incidents" gar nicht richtig genießen! :-)

Viele Grüße, 

Jonathan

Sonntag, 29. Juli 2012

Morgen geht's weiter. Bis dahin ...

Hey,

weil ich erst morgen dazukommen werde, einen richtigen Eintrag zu schreiben, hier ein kleines Bonbon.

Vorher - Nachher!

Solche Werbung lässt sich hier in jeder U-Bahn-Station bestaunen und mir wurde von verschiedenen Seiten berichtet, dass Schönheits-OPs hier nicht einmal verheimlicht werden oder besonders peinlich sind. Sie fallen eher unter das Schlagwort Selbstoptimierung. Ich bin mir da noch nicht so sicher, werde aber weiter meine Augen offen halten. :-)

Morgen werde ich noch mal zur COEX-Mall fahren, Fotos machen und ein bisschen shoppen. Vielleicht finde ich auch das eine oder andere Mitbringsel - dann hab ich auch wieder genug Stoff für einen schönen Eintrag.

Liebe Grüße,

Jonathan.

Montag, 23. Juli 2012

Korean Weekly: iPhone-Premium-Edition.

Guten Morgen!

Einen Tag verspätet, aber doch da: Hier ist mein Korean Weekly #7. Danke übrigens für den 1000. Seitenaufruf meines Blogs - am Dienstag war es soweit! Ich hoffe, dass euch auch meine nächsten und letzten fünf Einträge Spaß machen werden.

Seit letzter Woche bin ich wieder ein Stück mehr zum Koreaner geworden und besitze nun auch das für Koreaner aller Altersklassen obligatorische Smartphone. Nachdem sich meine Freunde hier immer wieder darüber echauffiert hatten, dass ich nicht erreichbar bin und die Abendplanung zunehmend kompliziert wurde, bin ich letzte Woche Montag losgezogen und habe auch irgendwie die richtige Etage für den "Foreign Rental Service" im SK-Telecom-Dorf, bestehend auch 5 beeindruckenden Hochhäusern im Zentrum Seouls, gefunden. Seitdem frage ich mich: Wie hab ich das eigentlich vorher ausgehalten, ohne Seoul-Subway-App, Instagram, foursquare, den iBook-Reader und iTunes?!

Mein Tarif ist relativ gut, wenn auch für unsere deutschen Verhältnisse recht teuer. Ich zahle jeden Tag ca. 4 Euro Leihgebühr - kann dafür aber jegliche Hotspots der Firma in Seoul nutzen. Ich hatte vorher keine Ahnung, wie das dann in der Praxis aussieht, aber tatsächlich ist ein Großteils Zentral-Seouls von diesen überzogen. Besonders wichtig: In jedem Subway-Waggon sind WI-FI-Antennen angebracht - und durchgehend drei Balken Empfang während einer 40-minütigen Fahrt sind nicht zu verachten, wie ihr euch vorstellen könnt. Übrigens: Ich sollte ich mein iPhone 4 besser nicht verlieren, denn dann wären über 600 Euro Kaution weg.

Um zum Punkt zu kommen: Da ich das Ding nun immer dabei habe, sind in der letzten Woche natürlich auch viele Fotos entstanden. Aus sicherer Quelle weiß ich, dass die für euch bestimmt >50% der Attraktivität eines Blogposts ausmachen. Deswegen werde ich heute mal klotzen statt kleckern und meine Episoden mit viel Bildmaterial unterlegen.

Meine neue Klasse: Italien, Mexiko, Deutschland, Brasilien, Mexiko, Japan, Japan, Kasachstan, Kasachstan, Dubai.

Wie auch im letzten Monat, stand für mich die Anprobe des traditionellen koreanischen Hanboks an. Nun kann ich nicht wirklich behaupten, dass ich ein Faible für diesen Volkskundekram habe, aber ich finde, dass diese Dinger irgendwie was haben, oder? Dass in meinem Kurs nur zwei Asiaten sind, kann man übrigens auch an der geringen V-Finger-Quote festmachen. Laut unserer Lehrerin gibt's es für Koreaner auf der Attraktivitätsskala nur noch eine Steigerung für das Tragen eines Hanboks: Das Tragen eines Hanboks bei gleichzeitigem Fahren eines Motorrads.

Insights: Wie leben Koreaner?


Warum bin ich eigentlich nach Korea gereist? - Da gibt es so viele Antworten (und im letzten Eintrag hab ich mit Starcraft schonmal eine angeboten), aber einer der wirklich zentralen Gründe war meine Frage, ob das Leben hier wirklich anders ist, als bei uns und wenn ja, was die Ausprägungen dieses anderen Lebensgefühls sind. Jetzt, fast zwei Monate in Korea, kann ich die Frage schon zum Teil beantworten. Mir ist immer noch nicht klar, in wie weit Koreaner anders denken oder fühlen (bisherige Antwort: auf jeden Fall ist es komplizierter als ich vor meiner Reise angenommen hatte) aber das alltägliche Leben - da kann ich mich festlegen - ist völlig anders konzipiert, als die meisten von uns es in Deutschland kennen.

Wie fange ich an? Nun, erstmal ist Korea ein extrem urban-organisiertes Land. Der Großteil der 50 Millionen Einwohner lebt in Städten oberhalb der Millionengrenze. Alleine hier in Seoul wohnen elf Millionen - fast jeder vierte Koreaner! Dabei ist Seoul flächenmäßig durchaus überschaubar, was zu einer sehr, sehr hohen Einwohner/Quadratmeter-Quote führt.

Ein typischer koreanischer Apartment-Komplex.
Der Stadtteil Sindorim alleine hat mehr Einwohner als Hamburg.

Das führt wiederum dazu, dass die typische Wohnform der Bewohner von Seoul ein 4-5 Zimmer Apartment in einem der unzähligen Großwohnanlagen ist. Adressen werden hier nicht nach Straßennamen, sondern nach der Nummer des Blocks geordnet. Ich wohne zum Beispiel in Sinchon, 103.
Auch Firmen, die wir in Deutschland eher als Autobauer oder Handy-Produzent kennen, bewegen sich als Akteure auf diesem Wohnungsmarkt. Ich bin etwa letzte Woche mit der Subway zufällig an einem riesigen (und damit meine ich wirklich riesigen!) Komplex der Firma Samsung vorbeigefahren.

Auch in Sindorim: Zwischen den Wohngebieten gibt es auch immer wieder kleine Parks.

Der/die eine oder andere wird jetzt sicherlich drei Kreuze machen und Richtung Himmel schauen: "Danke, dass ich nicht in Südkorea lebe". Aber diese Wohnform, in unseren Augen gibt es wohl wenig unattraktivere, passt zu 100% in das koreanische Alltagsleben und sucht in ihrer Effektivität ihresgleichen.

Man muss dazu sagen, dass Koreaner viel arbeiten. Sie arbeiten sogar so viel, dass vor einiger Zeit Experten aus Deutschland eingeflogen wurden, um die Bevölkerung davon zu überzeugen, ihre Urlaubstage auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen. Auch wenn wohl viele Koreaner ihre Firma/Vorgesetzten in einem zweiten Schritt durchaus auch mal verteufeln, bringen sie diesen vordergründig absoluten Respekt entgegen. Es ist keine Erfindung von Reiseführern, sondern tatsächlich so, dass ein Angestellter das Büro nicht vor seinem Vorgesetzten verlassen darf. Das ist nirgendwo schriftlich fixiert, aber es gehört sich einfach nicht und am Ende des Tages sitzen die Koreaner, die ich persönlich kenne, oft 14 Stunden in ihrer Company. Wenn ein akutes Projekt ansteht (etwa die Organisation des Summer-Sales), wird noch mehr gearbeitet - auch am Sonntag. Das Firmen-Smartphone ist generell immer an. Anders ausgedrückt: Die totale Erreichbarkeit, in Deutschlands Werbekreisen im Moment heißes Diskursthema, ist hier in vielen Branchen gelebter Standard.

Wer 14 Stunden am Tag im Büro sitzt und ein- bis zweimal pro Woche auch nach Feierabend noch an Firmenaktivitäten teilnehmen "darf" (meistens wird zusammen gebechert), ist - und hier kommen wir wieder zurück zum Thema - tatsächlich in der Regel nur zum Schlafen zu Hause. 
Das ganze Leben findet im krassen Gegensatz zu unserem deutschen Modell vor allem außerhalb der eigenen vier Wände statt. Das eigene Haus schön machen, den Garten pflegen, Möbel zusammenstellen und Weihnachtsschmuck basteln; jetzt weiß ich: Das ist typisch deutsch - und der von uns geliebte Baumarkt sicherlich das perfekte Symbol für diese andere Form der Vorstellung vom guten Leben.

Das koreanische Symbol hingegen wäre wohl eher die CEOX-Mall. Ich war gestern dort und bin immer noch geflasht: Das Wort "Einkaufstempel" würde wohl noch am ehesten passen, wäre aber noch zu wenig, um diesen Komplex zu beschreiben. Deswegen lasse ich das an dieser Stelle und werde in einem der nächsten Posts nochmal genauer auf diese Form des Einkaufens eingehen. Nur so viel: Dort gibt es sogar ein sich über mehrere Etagen erstreckendes Aquarium - mit Haien. Um es zu finden muss man aber erstmal den einen oder anderen Kilometer an Wegstrecke zurücklegen.

CEOX-Aquarium

In solchen Malls verbringen die meisten Koreaner einen Großteil ihrer wertvollen Freizeit. Das macht auch durchaus Sinn, denn während viele Deutsche ihr Geld eben in das Bauen des eigenen Nests investieren und das wöchentliche private Highlight das gemeinsame Kochen mit den eingeladenen Freunden darstellt (zur Verdeutlichung spreche ich einfach mal in Extremen), investieren viele Koreaner ihr Geld in sich selbst - denn der Großteil des Lebens findet eben nicht im Privaten, sondern in der Öffentlichkeit statt. Und dort heißt es: Sehen und Gesehen werden. Koreaner gelten in Asien nicht umsonst als das wohl hübscheste Völkchen mit dem besten Modegeschmack und ich habe noch nie so viele Louis Vuitton Taschen und öffentliche Reklame für plastische Chirurgie gesehen, wie in der Seoul Metro.

Aus der Mall: Meine neuen Schuhe. Converse testet viele Modelle erst auf dem koreanischen Markt, ehe sie später nach Deutschland kommen.

Vielleicht könnt ihr nach diesen "Puzzlestücken" jetzt nachvollziehen, wie Korea innerhalb von 60 Jahren vom Entwicklungsland zur Wirtschaftsmacht werden konnte. Eine geringe Sparquote (Das Geld wird liebend gerne rausgehauen!), Angestellte, die ohne (jedenfalls allzu lautes) Murren ihr Leben vollkommen um ihren Job herum ausrichten und das alles effizient gebündelt in wenigen Großstädten - klingt nach einer verdammt guten SimCity-Strategie, ist hier aber Realität und führt auch irgendwie zu der Erkenntnis, dass es bei Südkoreas Platz 14 im World-Development-Index nicht bleiben wird und hier eine dauerhaft erfolgreiche Wirtschaftsmacht heranwächst. 

Ein paar Highlights meiner letzten Woche


Rafting mit meiner Sprachschule. Nein, die anderen Jungs sind nicht alle größer als ich, sondern stehen auf Steinen :-) Photo von Christoph.

Am Freitag ist meine komplette Sprachschule zusammen in einen Bus gestiegen und zum Rafting gefahren. Wir hatten keine Ahnung, wo das Ganze stattfinden würde, aber laut unserer Smartphones waren wir bei dieser Activity nichtmal einen Kilometer von der nordkoreanischen Grenze entfernt, was sich auch an den Panzern, MG-Stellungen und Soldaten zeigte, die in regelmäßigen Abständen am Rand der Straße positioniert waren.

Zum Rafting selbst: Es war unglaublich gut und eine perfekte Mischung aus Adrenalin (der Strom war echt kein Kindergeburtstag!!!), Competition (natürlich gab es die eine oder andere "Wasserschlacht" mit den anderen Booten meiner Schule) und wirklich unglaublich schöner Natur. Wenn man die meiste Zeit in einer 11-Millionenstadt lebt - und ihr wisst jetzt, wie die Gebäude hier aussehen - dann ist so eine grüne Schlucht mit Wasserfällen wohl noch mal beeindruckender.
Natürlich sind wir auch komplett im Wasser gelandet; an einer Stelle hingen wir sogar komplett außerhalb des Boots, nur mit den Händen an den Seitenschlaufen. Und die Mädels hatten sowieso 'nen schwierigen Stand und wurden - oldschool! - von unserem Bootscaptain öfter mal aus ihren Sitzen und ins Wasser befördert.

Seodaemun Prison - und im Hintergrund wieder eine Großwohnanlage.

Am Donnerstag habe ich ein Gefängnis im Nord-Westen Seouls besucht. Das war sicherlich bisher eine der traurigsten Sachen, die ich hier gesehen habe. Auf der anderen Seite verstehe ich seitdem besser, warum die meisten Koreaner Patrioten sind. 
Das Land wurde jahrhundertelang immer wieder erobert und unterdrückt. Alleine in diesem Gefängnis wurden Tausende koreanische Widerstandskämpfer von den Japanern totgefoltert. Ich erspare euch mal Einzelheiten und will es auch bei dieser kurzen Notiz belassen.

Um wieder bessere Laune zu kriegen, hab ich mir anschließend noch das WorldCup-Stadium angeschaut, wo zufällig auch gerade ein Spiel des FC Seoul angepfiffen wurde. Das hab ich mir 
natürlich nicht entgehen lassen.

Sicht vom Ausgang der Subway-Station.
Schönes Stadion, einseitiges Spiel.

Das Ganze war wirklich ein Erlebnis, auch wenn das Spiel nicht wirklich interessant war. Der Gegner des FC Seoul, ein Club aus der Stadt Busan, lag nach einer halben Stunde schon drei-null hinten.

Ansonsten ist es genauso, wie man sich einen K-League Club vorstellt. Die Mannschaft besteht vor allem aus Koreanern, gemixt mit ein paar 30+ jährigen Ausländern, die vor 10 Jahren mal in der schwedischen ersten Liga gespielt haben (oder halt vergleichbaren Lebensläufen) und hier im Winter ihrer Karriere noch mal ein paar Won verdienen bzw. als Weltenbummler einen anderen Kontinent entdecken können.
Die Fans scheint das nicht zu stören. Gerade die Foreigner sind hier die umjubelten Stars - besonders zwei Typen namens "Escudero" und "Dejan". Das Spiel ging am Ende 6 zu 0 aus - und ich glaube das war das letzte mal, dass ich mir die K-League angeguckt habe :-)

Leider hat auch die Vuvuzela ihren festen Platz im Stadion, was das Spiel nicht unbedingt besser gemacht hat. Bei gegnerischen Standards werden die Fans sogar per Anzeigetafel zum Blasen eben dieser aufgefordert! 

Zu guter letzt noch ein paar kleinere Notizen:

Danke für's Daumendrücken. Ich bin zum Vorstellungsgespräch bei Scholz & Friends eingeladen worden. Genauer genommen ist es kein Gespräch, sondern ein eintägiger Workshop Ende August. Yeah! 

Wie es aussieht, wird mich mein guter Freund Stefan hier in Seoul besuchen. Ich freue mich jetzt schon auf eine legendäre Woche! 

Bis nächste Woche,

Jonathan.


Sonntag, 15. Juli 2012

Back for good, ich war im Fernsehen und mein Lieblingsimbiss.

Hey!

Das Leben muss weiter gehen - und dazu gehört auch ein neuer Blogeintrag.

Was gibt es Schöneres, um einen Blogeintrag zu eröffnen, als einen getrockneten Octopus-Snack und einen einzelnen, ca. 2€ teuren Apfel?!

Wer hier regelmäßig vorbeigeschaut hat, weiß bestimmt noch, dass mein erster Koreanisch-Kurs zwar voll mit netten Menschen, aber insgesamt recht unglücklich war. Meine Einschätzung hat sich jetzt - nach 2 Wochen in meiner neuen Klasse - bestätigt: Ich war letzten Monat in einem verdammten Japaner-Kurs, der sich in so ziemlich jedem Bereich an eben diesen orientiert hat.

Im Moment sitze ich neben einem Italiener, vor uns Mohammed aus Dubai. Links neben mir zwei Mexikanerinnen. Außerdem in meiner Klasse: Eine Italienerin, zwei Kasachinnen und ein Brasilianer und nur eine Japanerin: Strike! Hieß es vor einem Monat nach 3 Tagen schon: Tomorrow Test (über Länder und Berufe), war unser Highlight am Ende der letzten Woche das Schreiben des eigenen Namens auf Koreanisch (!!!).

Meine neue Lehrerin ist zudem wirklich ein Volltreffer. Wenn jemand etwas nicht verstanden hat, über sie mit ihm so lange bis es einigermaßen sitzt. Weil ich ja alles doch irgendwie schonmal hatte, kann ich meinen Sitznachbarn auch öfter mal was erklären, was das Ganze auch wiederum ein bisschen mehr in mein Langzeitgedächtnis reinschraubt. Aber das wichtigste: Wir haben alle die gleiche, schlechte Aussprache. Insgesamt bin ich langsam auf einem Level, das mir auch im Alltag ab und zu ein paar Erfolgserlebnisse bescheren kann. Im Zoo hab ich auch einer Tafel die Wortkombination "Elefantenhaus" lesen können, in der U-Bahn erkenne ich einzelne Wörter auf den Werbetafeln und aus den gegenwärtigen KPOP-Chart-Knallern, die man hier überall auf den Straßen/in den Geschäften hört, kommt mir auch immer das ein oder andere Wort bekannt vor.

Vor 2 Wochen konnte ich einen zentralen Punkt meiner To-Do-In-Korea-Liste streichen. Denn dass ich jetzt hier sitze, liegt wohl auch zu einem kleinen Prozentteil an "Starcraft".
Für diejenigen, die es nicht kennen: Es ist ein strategisches Computerspiel und hier in Korea so eine Art Volkssport. Das heißt: Viele große koreanischen Firmen (LG, SK Telekom, usw.) haben hier eigene Starcraft-Teams, die unter anderem in einer Art "Bundesliga" gegeneinander antreten. Die Spieler wohnen in Teamhäusern, trainieren Vollzeit - sind also Berufsspieler, die über Jahre durchaus Hunderttausende verdienen können und Werbeverträge haben (lustigerweise sogar mit Kosmetik-Herstellern).
Auf Grund dieser Popularität werden die Starcraft-Spiele auf einem koreanischen MTV-Äquivalent namens gom.tv im Fernsehen übertragen - und eben diese habe ich mir seit Jahren schon in Deutschland von Zeit zu Zeit angeschaut. Es war deshalb sowas von klar, dass ich mir das Ganze unbedingt live angucken musste.

Im Eingang der GOMTV-Studios.

Die GOMTV-STudios liegen etwas abgelegen im Süd-Westen von Seoul. Ich hab sie irgendwie gefunden. Und glaubt mir: Dass war eine echte Challenge!
Der Eintritt ist frei, man kriegt dank der Sponsoren sogar kostenlose Getränke und Schokoriegel. Ich war etwas zu früh und lief nach einem Blick auf die Hall of Fame prompt dem einzigen europäischen Starcraftspieler über den Weg, der sich für die derzeitige Saison qualifizieren konnte. Bis auf "Naniwa" sind in dieser "Global Standard League" (= theoretisch können Spieler aus aller Welt teilnehmen) ausschließlich Koreaner vertreten. Auch Deutsche "Pros" haben es in der Vergangenheit immer wieder versucht, nach Korea zu reisen und sich für die Liga zu qualifizieren, sind aber bisher immer gescheitert.

Links und rechts vorne: Die "Booths", in denen die Spieler an ihren PCs sitzen. Vorne die Leinwand mit dem Fernsehbild, Statistiken usw.

Das Studio ist hübsch gemacht und es ist wirklich ein Aha-Erlebnis, das alles mal "live" zu erleben. Inzwischen war ich auch ein zweites mal dort und habe - das ist hier so etwas wie eine Tradition - mit meinen mich begleitenden Klassenkameraden ein Schild bemalt, auf dem wir den koreanischen Spieler TSL_Symbol angefeuert haben. Warum ihn? - der Name seines Gegners war zu lang :-).

Symbol fighting!

Symbol lag auch nach zwei Matches 2 - 0 vorne und hätte bei diesem Best-of-Five nur noch einen Sieg gebraucht, um ins Halbfinale einzuziehen. Nachdem wir die Schilder in die Fernsehkameras gehalten haben, hat er aber die anschließenden drei Spiele verloren und ist ausgeschieden. Ich glaube nicht, dass das was miteinander zu tun hatte, kann es aber auch nicht ausschließen.
Der Arme lag nach der Niederlage jedenfalls bestimmt 15 Minuten mit dem Kopf auf seiner Tastatur und hat die eine oder andere Träne vergossen, bevor ihn sein Coach trösten und zum Aufstehen überreden konnte. Starcraft ist hier für viele hier eben mehr als ein Spiel und er hatte mit dieser Niederlage sowohl sein Team blamiert, als auch umgerechnet einige Tausend Euro an Preisgeld verspielt. Im zweiten Aufeinandertreffen des Abends hatte ich zudem die Ehre, den wohl gegenwärtig prominentesten Starcraft-Spieler der Welt "MC" zu sehen, der 2011 eine Viertelmillionen Dollar an Preisgeldern eingesackt hat und dann auch knapp aber verdient weitergekommen ist. Das Finale dieser Saison wird in zwei Wochen an einem Strand (!) in Busan ausgetragen.

Als ich gestern nach Hause gekommen bin, hatte ich übrigens einen neuen Mitbewohner. Vielleicht kann man die Größe erahnen: Das Ding war sehr, sehr groß - bestimmt 8,9 cm lang. Jetzt lebt es wieder auf meiner Terrasse und hat mich hoffentlich in guter Erinnerung, habe es nämlich liebevoll mit einer Pappe nach draußen verfrachtet. Auch weil ich nicht wusste, was mir entgegenspritzen würde, wenn ichs einfach getötet hätte.

WTF?

Vielleicht folgt demnächst noch ein kleiner Bericht meines Zoobesuchs, aber ich warte noch auf Fotos. Damit der Eintrag trotzdem nicht zu kurz ausfällt, habe ich heute in meinem Stammimbiss meine Kamera dabeigehabt. Er liegt auf der gegenüberliegenden Seite meiner Straße, also 2-3 Minuten entfernt.

Livecooking für 3,50€!

Der Imbiss ist wirklich sehr klein und die Besitzerin ist ein echtes Original. Wir können uns inzwischen sogar ein bisschen auf koreanisch unterhalten - und sie weiß, welche sidedishes ich mag :) Vor diesem Kochbereich stehen drei kleine Tische, ein Wasserspender und eine Theke, an denen sie "Kimbab" zubereitet. Das ist eine Art Sushi - wird gerne von Studenten morgens zur Arbeit mitgenommen.

Mjammjam.

Heute hab ich mir "Sulgogi" bestellt, ein Eintopf mit gebratenen, dünnen Rindfleischstreifen und Gemüse. Dazu: Reis, ein Spiegelei, Kimchi, ein würziger, gestückelter Pfannkuchen, Sojasprossen und scharf-eingelegte Gurken.

Für die nächste Woche stehen einige wirklich coole Events an: Zum einen hat der Hamburger SV sein Trainingslager dieses Jahr in der Nähe von Seoul. Da könnte man mal vorbei. Außerdem steht noch der Besuch einer kleinen Insel ganz oben auf meiner To-Do-Liste, genauso wie das Matsch-Festival. Mal gucken was ich mit meinen classmates so erleben werde. Ich halte euch auf dem Laufenden!

Viele Grüße, euer Jona.

P.S: War gestern das erste mal in einem Karaoke-Keller und habe eine 98/100 Punkte-Performance von Take That's "Back for good" hingelegt. Definitiv eins meiner Highlights in der letzten Zeit :-)


Sonntag, 1. Juli 2012

B+, durch den Monsun und wie ich Fan eines Loserteams wurde.


Meine wöchentlicher Insight: Ja, es kann in Korea regnen! Und wenn es einmal angefangen hat, dann hört es erstmal auch nicht mehr auf. Nach einem ganzen Monat ohne jeglichen Regentropfen und Temperaturen über 30°C ist hier Freitag so etwas wie ein kleiner Monsun ausgebrochen - und ich bin vollkommen durchnässt um 5 Uhr morgens barfuß durch Sinchon gelaufen.

Mit Gerry unterwegs I: (City Hall).

Mit Gerry unterwegs II: Cheongyecheong.

Aber von vorne. Diese Woche hatten wir am Donnerstag unseren monatlichen Abschlusstest. Für den Großteil meiner Klasse natürlich kein Problem (einige der Japaner haben ihn tatsächlich mit 100/100 Punkten abgeschlossen und von der Schule daraufhin eine Prämie verliehen bekommen - gratuliere!), für mich aber natürlich nicht wirklich ein Grund zur Freude. Da ich mich entschlossen habe, den ersten Kurs nächsten Monat einfach noch mal zu machen, war aber kein allzu großer Druck da.

Der Test an sich war ziemlich harmlos - und meiner Meinung nach auch nicht wirklich geeignet, um die Fähigkeit "koreanisch können" abzufragen. Der größte Teil bestand aus Multiple-Choice fragen. Selbst bei den Vokabelfragen hatte man immer 3 Antwortmöglichkeiten - und "Melone" und "Bus" kann selbst ich inzwischen problemlos auseinanderhalten.
Kurzum: Ich hab tatsächlich ein B+ erreicht, im anschließenden "Speaking-Test" hab ich dann aber gemerkt, dass diese Note halt echt mal keine Aussagekraft hat - und auch in unseren letzten Unterrichtsstunden verstehe ich vielleicht 20% von dem, was unsere Lehrerin so von sich gibt - den Rest muss ich mir immer irgendwie zusammenreimen.

Aber weiter im Programm: Mit dem auslaufenden Kurs werden auch einige meiner Klassenkameraden Korea verlassen. Deswegen wollten wir Freitag Abend zusammen Hongdae unsicher machen, einen an Sinchon angrenzenden Bezirk mit unzähligen Bars, der für sein Nightlife berühmt ist. Doch dann begann es zu schütten.
 
Ich saß somit um 19.00 Uhr in meinem kleinen Apartment, wartete auf Geburtstagskind Valerie, um ihr zumindest per Skype gratulieren zu können - und draußen ging die Welt unter. Um 22.00 Uhr erschien es für mich ziemlich illusorisch, dass ich meine vier Wände in den nächsten Stunden verlassen würde. Das hatte noch einen weiteren Grund: Traditionell zieht man in Korea seine Schuhe aus, bevor man einen Raum betritt. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Koreaner ihre Schuhe bei Regen aber wieder ins Haus holen - ich hab das aber natürlich vergessen! :-)

Um 23.00 Uhr hatte ich dann bereits mit meinen Klassenkameraden abgeklärt, dass sie nicht auf mich warten sollten, mir einen Film rausgesucht und 'nen Glas Milch eingegossen. Nur Gerry hatte das irgendwie nicht mitbekommen und schrieb mir fünf Minuten später im Facebook: "Hey Jonathan, stehe in Sinchon am Subwayausgang 2, Christoph kommt auch gleich. Wo bist du?" - "Ich bin noch zu Hause, hast du mitgekriegt, was hier für ein ein Wetter ist?!" - "Wir sind hier vor dem McDonalds, kommst du?" (Anmerkung: Nein, Gerry spricht kein deutsch, auch nicht, wenn er betrunken ist - Dialog aus Erinnerung wiedergegeben)

Nun sind Gerry und Christoph zwei meiner besten Freunde hier in Korea und beide sitzen über eine Stunde in der U-Bahn, um nach Sinchon zu gelangen. Gerry wird Korea zudem Dienstag leider verlassen und Christoph wiederum ist über 30, Deutscher und hatte die Vortage auf Grund der EM nie mehr als zwei Stunden geschlafen. Es gab also eigentlich nur eine Option: Zähne zusammenbeissen, meine Schuhe trockenföhnen, unbeschadet und möglichst wenig durchnässt einen Regenschirm kaufen gehen und rein in die Stadt.

Im McDonalds sitzend wurde dann der weitere Abend geplant (Hier ein paar kleine Facts zum Thema McDonalds in Korea: Es gibt einen Bringservice, einen eigenen "Bulgogi-Burger" (so mittel lecker) und ein BigMac schmeckt selbst in Korea so wie überall auf der Welt).

Dass die Subway nur bis 1.00 Uhr fährt, hat die Sache noch mal schwieriger gemacht. Denn sowohl Gerry, als auch Christoph saßen zu diesem Zeitpunkt somit offiziell in Sinchon fest. Wir kamen auf die Idee, dass sie sich einfach einen Burger nach Hause bestellen und sich mitliefern lassen könnten. Noch besser war aber folgende Idee: Erstens - im strömenden Regen Bier kaufen, zweitens: nachts ins koreanische Badehaus!!

Ja, wir haben ein Foto in der Sauna gemacht - so könnt ihr auch mal das typische Outfit sehen, das man allerdings nur im gemischten Bereich trägt. :-)

Und so fanden wir uns ein paar Minuten später in einem Jjimjilbang wieder. Um 3 Uhr nachts in einem 50°C warmen Pool zu sitzen - es gibt schlechteres! Und als ich das Bad um vier Uhr nachts verließ, war mir deutlich, dass das wohl die Erlebnisse sind, an die ich mich auch in 20 Jahren noch gerne zurückerinnern werde - auch wenn meine Schuhe bis jetzt noch nicht richtig trocken geworden sind.

Abgesehen von diesem Abend, gab es noch ein paar andere schöne Dinge, die ich diese Woche erlebt habe.

Zum einen waren wir zu viert im Baseballstadion. Und ich sage euch: Das wird nicht das letzte mal für mich gewesen sein. Das Spiel an sich ist - verglichen mit Fußball - wirklich relativ uninteressant, das muss ich zugeben. Aber drum herum (vielleicht gerade deswegen?!) wird von den Koreanern eine unglaubliche Party abgebrannt. In den ersten Innings guckt eigentlich niemand auf das Spielfeld. Stattdessen wird gegessen, gegessen, gegessen und getrunken, getrunken, getrunken. Je mehr sich das Spiel dem Ende neigt, desto mehr steigt aber die Spannung - und die Stimmung. Jeder einzelne Spieler hat eine eigene Hymne, die abgespielt wird, wenn er zum Schlag antritt - und die haben sogar wir mitgesungen. Mein persönliches Idol: Park Yong-taik - einer der wenigen überdurchschnittlich-guten Spieler meiner neuen Lieblingsmannschaft "LG Twins". Aber Sport ist halt eine Herz-, keine Kopfsache - das hab ich mir auch gedacht, als ich anschließend zu Hause erstmal geguckt hab, wie gut oder schlecht mein neues Lieblingsteam ist. Ich glaube der Letzte Titel liegt inzwischen fast 20 Jahre zurück - Pech gehabt, aber das Stadion war für uns halt am besten mit der Subway zu erreichen. Go TWINS!!!

Im Jamsil Baseball-Stadium. Bei Flutlicht ist es noch beeindruckender!


Und abschließend noch ein paar gesammelte Eindrücke:

  1. In Korea teuer: Milch (1l = über 2€), Früchte (eine(!!) Banane = 2€, eine Melone = ca. 14€), Pflegeprodukte (Shampoo = 6€), Bier (in Bars = 5,50€). In Korea günstig: Essen-gehen (kommt aber auch drauf an, wo), Mobilität, Events (Baseballeintritt = 5€)
  2. Tomaten gelten in Korea als Früchte (Ich habe gestern eine kalte Fruchtsuppe mit Ananas und Melone gegessen und nicht schlecht gestaunt, als ich eine Tomate (!) auf meinem Löffel hatte!)
  3. Dauernd wollen Leute Fotos mit mir machen! In der Regel wird freundlich gefragt, auch wenn ich bis heute nicht verstehe, was das für einen Sinn haben soll ;) - mir wurde aber auch schonmal eine Kamera frontal vors Gesicht gehalten - das war schon sehr unangenehm und ich hätte gerne was was Beleidigendes auf koreanisch gesagt - aber das, was man wirklich braucht, scheint man in der Schule eh nie zu lernen!

Habt eine gute Woche - und bis nächsten Sonntag! Jonathan

Streetfood, aber im Restaurant: Suppe, Reiskuchen, frittiertes Gemüse.
Cheonggyecheong: Einer meiner Lieblingsplätze in Seoul. Verständlich, oder?